Nach C.G. Jung ist das Gottesbild eines der mächtigsten Archetypen in der menschlichen Seele. Ein dunkles Gottesbild, z.B. hervorgerufen durch die Verkündung eines strafenden, drohenden und Willkür ausübenden Gottes, kann der Seele erheblichen Schaden zufügen, da es auch das Selbstbild dunkel einfärbt. Ein beschädigtes Gottesbild resultiert häufig aus den angstmachenden, einschüchternden und bedrohlichen Erfahrungen, die sich in früher Kindheit im Seelengrund angesammelt haben. Es lohnt sich, das eigene Gottesbild zu hinterfragen und zu klären. Ein unreflektiertes Gottesbild ist oft lediglich der verlängerte Arm elterlicher Autoritäten und kann gerade religiösen Menschen mehr Unheil als Heil bringen. Sie verwechseln dann die fordernden und einengenden Stimmen eines rigorosen Über-Ich mit dem Willen Gottes. Im Über-Ich, ein Begriff von Sigmund Freud (1856 - 1939) sind die internalisierten Gebote und Verbote elterlicher Autoritäten gespeichert. Dazu gehören auch die Normen von Kirche und Gesellschaft. Das Über-Ich äußert sich oft in anonymen "man-Formulierungen". "Man" tut das, "man" darf das nicht etc. Solche Normen regeln u.a. das soziale Leben und müssen nicht immer schlecht sein. Eine lebendige, reife Gottesbeziehung im christlichen Sinne ist aber nicht primär geprägt von dem, was "man tut", sondern von einer persönlichen Beziehung zu einem liebenden Gegenüber. Amselm Grün gibt als Kriterium zur "Unterscheidung der Geister", der vielen Stimmen in uns, an: "Die Stimme Gottes bewirkt immer Lebendigkeit, Frieden, Freiheit und Liebe. Die Stimmen der Eltern erzeugen in uns oft Enge und Angst, Überforderung und Härte...Gott ist kein Antreiber, sondern ein Wecker des Lebens." (Anselm Grün, "Buch der Antworten", Herder Verlag, S. 171f)